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Hülsenfrüchte in Baden-Württemberg und Deutschland auf dem Vormarsch

Sie liefern einen hohen Vorfruchtwert, fördern Bestäuber und sind wertvolle Proteinquellen für Mensch und Tier – diese Vorteile von Erbsen und Ackerbohnen wurden bei der Online-Tagung des Demonstrationsnetzwerkes Erbse/Bohne thematisiert. Die Vorteile von Hülsenfrüchten liegen auf der Hand, doch welche Rolle spielen sie auf den Betrieben in Baden-Württemberg?

 

Die Kulturpflanzenvielfalt erhöhen und Fruchtfolgen erweitern ist eines der Ziele der Ackerbaustrategie 2035. Blattfrüchte wie Körnerleguminosen in getreideintensive Fruchtfolgen zu integrieren kann Krankheitszyklen unterbrechen und zu einer erhöhten Ertragsstabilität  beitragen (Böhm et al 2020). Körnerleguminosen im Speziellen fördern zusätzlich durch ihre symbiontische Bindung von Luftstickstoff die Bodenfruchtbarkeit. Aus dem daraus folgenden Mehrertrag der nachfolgenden Kultur in der Fruchtfolge und betriebliche Einsparungen wie N-Dünger ergibt sich für konventionelle Betriebe ein Vorfruchtwert von etwa 170 Euro/ha für Ackerbohne und von etwa 120 Euro/ha  (Zerhusen-Blecher et al, Vortrag). Die ökologisch wirtschaftende Demonstrationsbetriebe des Netzwerkes erzielten für beide Kulturen im Durchschnitt eine höhere Wirtschaftlichkeit  (Direkt- und arbeitserledigungskostenfreien Leistungen: DAL). Und dies trotz durchschnittlich niedrigerer Erträge. Dies macht deutlich, dass neben dem Ertrag der Verkaufspreis eine entscheidende Rolle für den wirtschaftlichen Erfolg spielt.

 

In ökologisch wirtschaften Betrieben sind Leguminosen zentraler Bestandteil der Stickstoffzufuhr im Ackerbau und bilden die Grundlage für die Eiweißversorgung in tierhaltenden Betrieben. Entsprechend ist die Wirtschaftlichkeit hier schwer zu bewerten. Ein Großteil der Anbaufläche von Hülsenfrüchten entfällt auf Biobetriebe. Im Jahr 2019 wurden 40 % der gesamten Anbaufläche von Hülsenfrüchten in Baden-Württemberg biologisch bewirtschaftet (MLR, 2019). Abhängig von der Kultur schwanken die Anteile jedoch sehr. Für Erbsen ist der Anteil biologisch bewirtschafteter Fläche am niedrigsten, während er für Linsen am höchsten liegt (MLR, 2019). Daten zur Verwertung der Kulturen liegen leider nicht vor. Es ist allerdings anzunehmen, dass Erbsen und Ackerbohnen fast ausschließlich und Sojabohnen größtenteils für die Verfütterung genutzt werden. Die Präferenz von konventionellen Betrieben liegt hier eindeutig bei Erbsen und Sojabohnen.



Abbildung 1: Anteil der beiden Betriebsformen (ökologisch und konventionell) an der Anbaufläche von Körnerleguminosen insgesamt und getrennt nach Einzelkultur in Baden-Württemberg im Jahr 2019 (MLR,2019)

In Deutschland konnte die Anbaufläche von Hülsenfrüchten zur Korngewinnung in den letzten 10 Jahren verdoppelt (Statistisches Bundesamt), in Baden-Württemberg sogar verdreifacht werden (MLR). Bundesweit sind Erbsen und Ackerbohnen dabei die wichtigsten Kulturen. Mit etwa 82 000 ha bzw. 60 000 ha stellen Erbsen und Ackerbohnen gemeinsam etwa zwei Drittel der Anbaufläche der Hülsenfrüchte in Deutschland. In Baden-Württemberg wurden 2020 auf etwa 5000 ha Erbsen angebaut. Dies bedeutet eine Steigerung um fast 9 % im Vergleich zum Vorjahr. Für Ackerbohnen konnte die Anbaufläche sogar um 30 % gesteigert werden (2020: 3200 ha). In Baden-Württemberg sind allerdings Sojabohnen flächenmäßig die wichtigste Körnerleguminose. Mit 8200 ha liegt etwa ein Viertel der Sojabohnen-Anbaufläche in Baden-Württemberg (MLR, Statistisches Bundesamt).Die Anbaufläche von Sojabohnen hat sich in den letzten Jahren stetig vergrößert. Mehrere deutsche und europäische Zuchthäuser treiben die Züchtung neuer an Mitteleuropäische Bedingungen angepasster Sorten (Frühreife, Standfestigkeit, schnelle Jugendentwicklung) voran. Deshalb ist von einer weiteren Flächenausdehnung des Sojabohnenanbaus auszugehen.



Abbildung 2: Entwicklung der Anbaufläche von Körnerleguminosen in Baden-Württemberg (MLR, 2020)



Der Anteil von Hülsenfrüchten an der gesamten Ackerfläche betrug 2019 in Baden-Württemberg lediglich 2,2%. Hier besteht noch viel Potenzial für eine Steigerung – dies ist das Ziel der Eiweißinitiative Baden-Württemberg. Mit einer Ausweitung des Anbaus von Körnerleguminosen soll eine nachhaltige Landwirtschaft gefördert, mehr Unabhängigkeit von Eiweißimporten geschaffen und regionale Wertschöpfungsketten gestärkt werden. Die Landesregierung hat die Initiative 2012 ins Leben gerufen. Sie richtet sich vorwiegend an Landwirte, für die Hilfestellungen zum Anbau in Anbauanleitungen und Merkblättern veröffentlicht und bei Feldtagen auf Praxisbetrieben veranschaulicht werden. Am Landwirtschaftlichen Technologiezentrum (LTZ) Augustenberg werden darüber hinaus Feldversuche zu aktuellen Themen im Anbau durchgeführt. Beispielsweise ein Vergleich der Wirksamkeit verschiedener auf dem Markt erhältlicher Impfmittel für Sojabohnen oder die Untersuchung des Anbaupotentials von Kichererbsen. Darüber hinaus sollen aber auch Interessensvertreter der weiterverarbeitenden Industrie und Konsumenten angesprochen werden. Als hochwertige Eiweißquelle sind Hülsenfrüchte vor allem auch für die menschliche Ernährung interessant. Die Aktivitäten am LTZ Augustenberg erfolgen in enger Zusammenarbeit mit dem Demonstrationsnetzwerks Erbse/Bohne.

Dr. Carola Blessing, LTZ Augustenberg


Quellen:

Böhm H, Dauber J, Dehler M, Gallardo D, de Witte T, Fuß R, Höppner F, Langhof M, Rinke N, Rodemann B, et al. 2020. Crop rotations with and without legumes: a review (in German). 72: 489–509. https://ojs.openagrar.de/index.php/Kulturpflanzenjournal/article/view/15557
 
MLR (Ed.). 2019. Gemeinsamer Antrag 2009-2019.
Statistisches Bundesamt. Ackerland nach Hauptnutzungsarten und Kulturarten 2020.
https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Landwirtschaft-Forstwirtschaft-Fischerei/Feldfruechte-Gruenland/Tabellen/ackerland-hauptnutzungsarten-kulturarten.html (Zugriff 13.11.2020)

Zerhusen-Blecher P, Stevens K, Brau J, Schäfer T 2020. Wirtschaftlichkeit des Anbaus von Ackerbohnen und Erbsen. Vortrag 28.10.2020. Praxis trifft Forschung – ein Netzwerk für Erbsen und Bohnen.
https://www.demoneterbo.agrarpraxisforschung.de/fileadmin/user_upload/Bilder/02-Zerhusen-Blecher_Wirtschaftlichkeit_20201028.pdf

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